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Vergaben: Unbeliebt und komplex?

18. Aug.. 2022

Wir sagen klar nein und erklären Ihnen, wie Sie den Erfolg Ihres Projektes mittels Vergaben positiv beeinflussen können.

Vergaben gehören wohl bei den wenigsten zu den beliebten Themen. Oft wirken sie viel zu komplex, umständlich und am Ende gewinnt doch eh das Angebot, mit dem geringsten Preis, oder? 

Gestern haben unsere Experten Stefan Hoppe und Lars Hausmann ein Seminar zum Thema „Vergabe“ beim VBI gehalten und konnten darin mit einigen Vorurteilen aufräumen. Beide sind erfahrene Projektmanager und leiten die Diederichs Kompetenzzentren „Vergabe“. Wir freuen uns, dass der Vortrag gut besucht war und wir einige Fragen rund um das Thema „Vergabeverfahren“ klären konnten. Lassen Sie uns eines vorwegnehmen: Es muss nicht immer der günstige Preis gewinnen! Und wir zeigen Ihnen warum.

Für jedes Projekt gibt es die richtige Vergabeart

Die meisten Vorurteilen gegenüber Vergaben rühren wohl daher, dass der Fachbereich nicht nur komplex ist, sondern auch stetigen Änderungen unterliegt und angepasst werden muss. So wurden von der EU 2014 Vorgaben festgelegt, die die Länder auf nationaler Ebene in ihren Gesetzen und Verordnungen verankern mussten. Unwissenheit und fehlende Einblicke in die vielfältigen Anpassungen führen dazu, dass die Wahl des richtigen Vergabeverfahrens schwerfällt und einige am liebsten ganz darauf verzichten wollen würden. Aber mit ein wenig Hintergrundwissen und den richtigen Expertinnen und Experten an Ihrer Seite, kann ein Vergabeverfahren sogar viele neue Möglichkeiten schaffen und den Erfolg des Projektes maßgeblich beeinflussen. 

So finden Sie die richtige Vergabeart: 

Auf dem Weg, die passende Vergabeart zu finden, müssen Sie sich der Rahmenbedingungen des Projektes und der Zielsetzung der Vergabe bewusst sein. 

Schritt 1: Beachten Sie den Schwellenwert

Wenn wir uns mir den verschiedenen Arten von Verfahren auseinandersetzen möchten, kommen wir um den sogenannten Schwellenwert nicht umher, denn dieser legt fest, ob Sie national oder EU-weit ausschreiben müssen. In der folgenden Grafik haben wir für Sie die aktuellen Schwellenwerte im Bereich „Liefer- und Dienstleistungsaufträge“ zusammengefasst.

Die drei Vergabearten

Prinzipiell kann man in drei Verfahrenstypen unterscheiden, deren Abläufe jeweils vergleichbar sind: 

  1. Offenes Verfahren (EU-weit) / öffentliche Ausschreibung (national)
  2. Nicht offenes Verfahren (EU-weit) / beschränkte Ausschreibung (national)
  3. Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb (EU-weit) / Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb (national)

Ob nun eine EU-weite oder nationale Vergabe durchgeführt werden muss, hängt, wie oben beschrieben, vom Schwellenwert ab. So kommen auch die verschiedenen Namen (offenes Verfahren und öffentliche Ausschreibung) zu Stande, obwohl sie vergleichbare Verfahrensabläufe beschreiben: Einmal auf EU-Ebene (offenes Verfahren) und einmal auf nationaler Ebene (öffentliche Ausschreibung). 

Schritt 2: Welches Ziel verfolgen Sie mit der Vergabe?

Welche Vergabeart nun die richtige für Ihr Projekt ist, hängt davon ab, welche Ziele Sie verfolgen und welche „Hindernisse“ Sie bereit sind dafür in Kauf zu nehmen. Anhand der folgenden drei Fallkonstellationen, zeigen wir Ihnen, welche Vergabeart wir empfehlen können: 

#1: Schnelle Verfahrensdurchführung aber wenig Flexibilität

In diesem Fall eignet sich das offene Verfahren (EU-weit) bzw. die öffentliche Ausschreibung (nationale Ebene). 

Diese Vergabearten ermöglichen eine (theoretisch) unbegrenzte Anzahl an Bietern, die alle ein Angebot für die ausgeschriebene Leistung einreichen (können). Die Eignung wird dabei parallel mit dem Angebot geprüft, was eine geringe Verfahrensdauer von sogar weniger als drei Monaten ermöglichen kann. 

Allerdings besteht in dieser Vergabeart nur wenig Flexibilität. Bieter können nur ein (Erst-)Angebot einreichen, über welches – wie auch Vertrag und Leistungsumfang – jedoch nicht mehr verhandelt werden darf (somit „Erstangebot“ = „finales Angebot“). 

#2: Hohe Flexibilität aber lange Verfahrensdauer

Wem die Flexibilität wichtiger ist, der ist mit dem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb gut beraten. Hier werden im vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb neben Kenndaten, wie Haftpflichtversicherung, Umsatz und Mitarbeiteranzahl, auch vergleichbare Referenzen für das Projekt abgefragt. Anhand der eingereichten Teilnahmeanträge werden i. d. R. drei bis fünf geeignete Büros ausgewählt, die in dem nachfolgenden Verhandlungsverfahren genauer unter die Lupe genommen werden, um die Leistungsfähigkeit für das konkrete Projekt darzustellen. Hierbei sind Verhandlungen über den Vertrag, die Leistungsinhalte sowie das (Erst-)Angebot möglich, sodass auch Angebotsüberarbeitungen durchgeführt werden können. 

Bei dieser Verfahrensart können die Bieter auf Herz und Nieren geprüft werden, was jedoch einiges an Zeit bedarf. Die Konsequenz liegt daher oftmals in langen Verfahrenszeiträumen. Nichtsdestotrotz ist es auch hier mit der richtigen Expertise möglich die Dauer auf unter fünf Monate zu reduzieren. 

#3 Etwas Flexibilität und mittellange Verfahrensdauer

Für dieses Szenario eignet sich das nicht Offene Verfahren bzw. die beschränkte Ausschreibung. Diese Varianten sind der Mittelweg, denn sie bieten zwar nur eine geringe Flexibilität, wie das offene Verfahren, dauern jedoch nicht ganz so lange, wie das zuvor vorgestellte Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb.

Mit diesen Verfahren können ebenfalls Teilnahmewettbewerbe durchgeführt werden, anhand derer eine Rangfolge erstellt wird, um den Bieterkreis für die Angebotsabgabe zu reduzieren. Weitere Verhandlungen und finale Angebotsabgaben sind dabei jedoch ausgeschlossen. Diese Einschränkung ermöglicht eine Verfahrensdauer von weniger als vier Monaten.

Unser Experte Stefan Hoppe, Kompetenzcenter-Oberleiter für Vergabe Diederichsweit, empfiehlt dieses Verfahren nicht für Planungsleistungen, da die erforderten Leistungen häufig nicht abschließend präzise im Vorfeld definiert werden können und keine Verhandlungsmöglichkeiten die (leicht) geringere Durchführungszeit nicht aufwiegen. Dahingegen können bei Bauleistungen, die eindeutig beschreibbar sind, sehr gut auf diese Art vergeben werden.

Mit der passenden Vergabe zum Projekterfolg

Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint: Vergabeverfahren sind kein Hexenwerk. Die Vergabeart sollte unbedingt auf die Zielsetzung ausgelegt sein. Dafür ist es essenziell, dass man die entsprechenden Vor- und Nachteile der drei Vergabearten kennt, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. 

Übrigens ist es nicht so, dass immer nur das billigste Angebot gewinnt. Vielmehr geht es darum, das leistungsfähigste Büro für das konkrete Projekt zu finden. Dabei entscheidet der Auftraggeber, welche Faktoren wichtig für den Projekterfolg sind und kann im Anschluss die Gewichtung von Preis, Erfahrung und vorgesehener Leistungserbringung festlegen.

Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung bei Vergaben benötigen, können Sie sich gerne an unsere Experten Stefan Hoppe und Lars Hausmann wenden.

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